Ein Unternehmen der RHÖN-KLINIKUM AG

In der klinischen Forschung besitzen neben den primär anästhesiologischen Themen alle Aspekte von IT-Unterstützung im Krankenhausumfeld und interdisziplinäre Forschungsvorhaben mit unseren klinischen Partnern einen großen Stellenwert.

Klinische Sepsisforschung: Schwerpunkt Gehirn and Sepsis

Leiter der Arbeitsgruppe:
• Dr. Christian Koch

Mitglieder der Arbeitsgruppe:
• Markus Mülich, Arzt

Kooperationen:
• Prof. Dr. Bernd Rosengarten, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Gießen
• PD. Dr. Konstanze Plaschke, Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Anaesthesiologie

Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der klinischen Erforschung der Entstehung und Ausprägung von pathologischen Zuständen des Bewusstseins und andere neurologischer Phänomene im Rahmen bzw. nach septischen Zuständen. Erkenntnisse dieser Forschung sollen der langfristig der Verbesserung des Behandlungserfolges und Rekonvaleszenz dieser Patienten dienen.

Methodenspektrum:
• Zusätzlich zu den nicht-invasiven und invasiven Standardverfahren:
• Evozierte Potentiale (SEP, VEP, AEP)
• Bilaterales BIS
• NIRS

Kontakt:
Sekretariat I der
Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin
Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH
Rudolf-Buchheim-Str. 7
D-35392 Gießen
Germany

Tel.: 0641 / 985 - 44401
Fax: 0641 / 985 - 44409

 

 

Forschungsgruppe „Zellbiologie und klinische Forschung“

Leiter der Arbeitsgruppe:
• Prof. med. Dr. Michael Sander
• Dr. med. Christian Koch

Mitglieder der Arbeitsgruppe:
•  Dr. med. Katja Weissmüller
•  Erika Becker (MTLA)
• Ilona Magel (MTLA)
• Beate Sojka (MTLA)
• Denise van der Nouland (Doktorandin)

Kooperationen:
• Prof. Dr. Nicholas P. Franks, Imperial College London
• Prof. Dr. Wolfgang Kummer, Justus-Liebig-Universität Gießen
• Priv.-Doz. Dr. med. Tibo Gerriets, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Gießen & Marburg, Standort Gießen

Willkommen auf der Homepage der Arbeitsgruppe „Zellbiologie und klinische Forschung“. Unser Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der Sepsis. Im Volksmund oft auch als Blutvergiftung bekannt und schon zu den Zeiten Hippokrates beschrieben, ist Sepsis auch heute noch von höchster Relevanz im Bereich der intensivmedizinischen Patientenversorgung, denn trotz großer Anstrengungen zählt sie zu den am meisten gefürchteten Komplikationen auf Intensivstationen der westlichen Welt und ist mit einer Letalität von bis zu 50% vergesellschaftet. Eine zentrale Rolle bei dieser Erkrankung spielt das angeborene Immunsystem und der programmierte Zelltod (Apoptose), dessen Regulation wir im Verlauf der Sepsis untersuchen. Ziel unserer Arbeit ist die Identifikation von Ansatzpunkten für mögliche Behandlungsstrategien. Die beiden Teile der Arbeitsgruppe, das zellbiologische Labor und die klinische Forschung, sind eng miteinander verzahnt und ermöglichen so einen kontinuierlichen Wissenstransfer zwischen Labor und Patient, von „bench-to-bedside and back“.
Auf unsere Homepage möchten wir Ihnen einen kleinen Einblick in unsere Projekte geben und die beteiligten Mitarbeiter vorstellen.

Einleitung

Zentrales Forschungsthema der Abteilung ist die Sepsis (gr. Fäulnis). Im Volksmund als Blutvergiftung bekannt und schon zu den Zeiten Hippokrates beschrieben, ist dieses Krankheitsbild auch heute noch von höchster Relevanz im Bereich der intensivmedizinischen Patientenversorgung. Trotz großer Anstrengungen zählt die Sepsis zu den am meisten gefürchteten Komplikationen auf Intensivstationen der westlichen Welt und ist mit einer Letalität von bis zu 50% vergesellschaftet. Gemäß der Konsensuskonferenz des American College of Chest Physicians und der Society of Critical Care Medicine von 1992 wird Sepsis als eine Entzündungsreaktion infolge einer Infektion beschrieben. Als Folge einer Überreaktion des Immunsystems kann es zu einer lebensbedrohlichen Beeinträchtigung des Kreislaufsystems und der Atmung bis hin zu einem Versagen der inneren Organe kommen. Entsprechend des Schweregrads der Erkrankung findet eine Unterteilung in SIRS, Sepsis, schwere Sepsis und septischen Schock statt.
Trotz der langen Geschichte der Krankheit gibt es bis heute keine einheitliche Behandlungsstrategie, die an den Wurzeln der Krankheit ansetzt. An diesem Punkt beginnt die Arbeit unserer Arbeitsgruppe.

Was ist Sepsis?

Einteilung gem. Konsensuskonferenz ACCP/SCCM 1992 (Referenz zu Chest)
Systemic inflamatory response syndrome (SIRS)
Eine Entzündungsreaktion des gesamten Organismus unabhängig von der auslösenden Ursache wird als Systemic inflamatory response syndrome, kurz SIRS, bezeichnet. Auslöser können neben einer Infektion auch traumatische Vorgänge, Verbrennungen, Autoimmunerkrankungen oder entzündliche Prozesse wie z.B. eine akute Pankreatitis sein. Sind zwei der folgenden Kriterien erfüllt, spricht man von einem SIRS:
- Hypo- (<36°C) oder Hyperthermie (>38°C)
- Tachykardie (>90/min)
- Tachypnoe (>20/min)
- Deutliche Ödemneigung oder positive Flüssigkeitsbilanz (>20ml/kg über 24h)
- Hyperglykämie ohne vorbestehenden Diabetes mellitus (Blutzucker >120mg/dl)
- Leukozytose >12.000/µl oder Leukopenie <4.000/µl

Sepsis
Liegt dem SIRS eine virale, bakterielle oder fungale Infektion oder der dringende Verdacht einer solchen zu Grunde, spricht man von einer Sepsis.

Schwere Sepsis
Die Diagnose „Schwere Sepsis“ impliziert den Nachweis von SIRS mit nachgewiesener Infektion, ergänzt durch eine Beeinträchtigung von Organen wie Lunge, Niere und/oder Niere.

Septischer Schock

Kommt es in einer einer Sepsis trotz ausreichender Flüssigkeitssubstitution zu einem Abfall des systolischen Blutdrucks unter 90mmHg oder des mittleren arteriellen Blutdrucks unter 70mmHg für mind. 2 Stunden, was den Einsatz von Vasopressoren notwendig macht, spricht man von einem septischen Schock.



Projekte

Regulation von RAGE in der Sepsis:
Der Receptor of Advanced Glycation Endproducts (RAGE) gehört zur Superfamilie der Immunglobuline. In seiner membranständigen Form erkennt der Rezeptor unterschiedlichste Liganden, unter anderem AGEs (Advanced Glycation Endproducts), S100 und HMGB-1. In normalen, zirkulierenden Monozyten ist keine Expression von RAGE, nachweisbar erst nach initialer inflammtorischer Stimulation der Zellen kommt es zu einer Aktivierung des Gens und der Expression des Rezeptors auf der Membranoberfläche. Nach Bindung durch seine diversen Liganden aktiviert der Rezeptor NF-kB, ein Schlüsselmolekül innerhalb inflammatorischer Signalkaskaden. Die Aktivierung erfolgt über die Phosphorylierung und die darauf folgende Degradation des NFκB-gebundenen Proteins IkB (Inhibitor of NFkN). Freies NF-kB transloziert in den Zellkern und bewirkt als Transkriptionsfaktor die Expression spezifischer proinflammatorischer Gene. Ein Merkmal der RAGE-gesteuerten Aktivierung ist dabei die Perpetuierung, selbst negativ regulierende Faktoren haben darauf nur geringen Einfluss. RAGE ist daher ein Schlüsselfaktor in der Aufrechterhaltung entzündlicher Reaktionen.
Neben der membranständigen Form von RAGE existieren Isoformen, die aufgrund ihrer Proteinstruktur nicht an der Signaltransduktion von Membran zu Zellkern beteiligt sein können. Diese Isoformen sind im Blutplasma nachweisbar und erste Ergebnisse von Patienten deuten darauf hin, dass das Vorhandensein einer hohen Konzentration von sogenanntem löslichen RAGE (sRAGE) mit einer negativen Prognose für den Verlauf einer Sepsis assoziiert werden kann.
Lösliches RAGE kann durch zwei Mechanismen entstehen: zum einen durch alternatives Spleißen im Verlauf der posttranskriptionellen Prozessierung der mRNA, zum anderen durch die proteolytische Spaltung von membranständigen RAGE. Wie diese Isoformen mit dem membranständigen Rezeptor konkurrieren um die Bindung vorhandener Liganden konkurrieren und ob das Verhältnis zwischen den Formen des löslichen RAGE einen Einfluss auf inflammatorische Prozesse hat, soll im Rahmen des Projektes untersucht werden. Insbesondere interessiert uns dabei auch die mögliche Verbindung zur einer im Verlauf der Sepsis häufig auftretenden Schädigung der Lunge, dem Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS).

Thioredoxin:
Thioredoxine sind ubiquitär exprimierte, intrazelluläre Proteine, die aufgrund ihrer Aminosäuresequenz in der Lage sind, Elektronen zu „speichern“ und bei Bedarf auf andere Proteine zu übertragen bzw. diese zu reduzieren. Diese antioxidative Funktion ist von enormer Wichtigkeit für die innere Redoxbilanz und damit für das Überleben von Zellen.
In Situationen, in denen Zellen hohem oxidativem Stress ausgesetzt werden, kommt es zu einer Freisetzung von Thioredoxin in das Plasma. Zu den Auslösern für oxidativen Stress zählen unter anderem verschiedene
Autoimmun - und Herzerkrankungen, aber auch virale Infektionen. Neben der Funktion als lokales Antioxidans besitzt Thioredoxin außerdem eine antiinflammatorische Wirkung durch hemmende Interaktion mit inflammatorischen Transkriptionsfaktoren wie NF-kB. Durch diese Hemmung und der damit verbundenen verringerten Ausschüttung proinflammatorischer Botenstoffe wird die Extravasation neutrophiler Granulozyten und Monozyten aus den Gefäßen in das benachbarte Gewebe im Rahmen entzündlicher Prozesse vermindert und somit eine Schädigung des Gewebes reduziert.
Im Rahmen des Krankheitsbildes Sepsis konnten Arbeiten eines internationalen Kooperationsprojekts den Nachweis erbringen, dass die Gabe von Thioredoxin die Überlebensrate im Tiermodell drastisch erhöht bzw. eine Neutralisation des vorhandenen Thioredoxins in einer Reduktion der Überlebensrate resultiert. In welcher Form Thioredoxin in septischen Patienten als Marker und potentielles Therapeutikum eingesetzt werden kann, ist eine der Fragestellungen, die unsere Gruppe bearbeitet.


Acetylcholin:
Acetylcholin ist ein essentieller Transmitter im vegetativen Nervensystem des Menschen. Sowohl im sympathischen wie auch im parasympathischen Teil fungiert es als Signalmolekül zwischen Nervenzellen. Ergänzend zu dieser Funktion wirkt Acetylcholin auch als Botenstoff auf Zellen des angeborenen Immunsystems. Als verantwortlicher Rezeptor auf Monozyten und Makrophagen für diese Wirkung konnte der nikotinische Acetylcholinrezeptor Typ α7 (α7AChR) identifiziert werden.
Im Laufe einer Sepsis kommt es durch Monozyten und Makrophagen zur Ausschüttung von proinflammatorischen Botenstoffen. Versuche mit Acetylcholin und anderen Agonisten (z.B. Nikotin) des nikotinischen Acetylcholinrezeptors haben gezeigt, dass die Ausschüttung der relevanten Botenstoffe wie HMGB-1, TNF und verschiedener Interleukine stark reduziert werden kann. Interessanterweise zeigt sich der gleiche Effekt auch bei einer elektrischen Stimulation des Nervus vagus, des größten Nerven des parasympatischen Abschnitts des vegetativen Nervensystems. Sowohl die chemische als auch physikalische Stimulation zeigten im Tiermodell eine Erhöhung der Überlebensrate, auch wenn die Behandlung erst nach Manifestierung der Sepsis begonnen wurde. Da jedoch sowohl die bisher bekannten Liganden des Rezeptors als auch die elektrische Stimulation für Patienten mit Sepsis aufgrund der Nebenwirkungen keine Behandlungsoption darstellen, wird immer noch nach einer Möglichkeit gesucht, diesen sogenannten cholinergen, antiinflammatorischen Signalweg zu aktivieren. Viele Strategien zielen darauf ab, die Ausschüttung des körpereigenen Acetylcholins „durch die Hintertür“ zu erhöhen oder seine Halbwertszeit zu verlängern. Eigene Studien mit Anticholium® (Physostigmin), einem Hemmstoff für das Acetylcholin-abbauende Enzym Acetylcholinesterase, zeigen eine positiven Effekt auf den Verlauf einer experimentellen Sepsis im Tiermodell. Weiterhin konnte erst kürzlich durch uns gezeigt werden, dass die präventive Gabe von Clonidin, einem selektiver Agonist der sympathischen, adrenergen α2- Adrenalin-rezeptoren ebenfalls zu einer verbesserten Überlebensrate im Tiermodell führt. Die Rezeptoren bewirken dabei nach Aktivierung eine inhibitorische Rückkopplung im sympathischen Teil des vegetativen Nervensystems, was zu einer Wirkung führt, die der eines stimulierten Vagusnerven ähnelt. Eine von uns geplante klinische Pilotstudie soll Aufschluss über die Einsatzmöglichkeit dieser Medikamente für Patienten mit septischem Schock im Verlaufe einer zugrundeliegenden Peritonitis oder Pneumonie geben. Ergänzend dazu untersucht die Arbeitsgruppe die grundlegenden Mechanismen des immunologischen Reflex im Rahmen einer Sepsis, um weitere therapeutische Ansatzpunkte zu finden.

Zelltod in der Sepsis - Apoptose oder Nekrose?:
Im Verlauf einer Sepsis kann es bei den Patienten zu einem Ausfall oder einer Funktionsbeeinträchtigung wichtiger Organsysteme kommen, dem sogenannten Multi Organ Dysfunction Syndrome (MODS). Betroffen sind dabei unter anderem Lunge, Herz-Kreislaufsystem, Niere und Leber. Grund für den Funktionsverlust sind Schädigungen der entsprechenden Gewebe durch den Tod der Zellen. Das Sterben einer Zelle kann grundsätzlich durch zwei Mechanismen stattfinden: Apoptose und Nekrose. Die Apoptose wird auch als programmierter Zelltod bezeichnet und kann ein Resultat von äußeren Signalen sein, oftmals wird sie aber auch durch intrazelluläre Prozesse wie Schädigung der Erbsubstanz ausgelöst. Apoptose ist ein energieaufwändiger Prozess, der die Aktivierung zelleigener Enzyme, sogenannter Caspasen, beinhaltet. Diese bauen die Zellen „von Innen heraus“ ab. Eine Sonderform des apoptotischen Zelltodes ohne Beteiligung der abbauenden Enzyme, der sogennate „Caspase-independent Cell Death“, wurde erst in den letzten Jahren entdeckt und erfährt zunehmend Beachtung. Nekrose hingegen ist eine durch extrazelluläre Einflüsse wie hohe Temperatur, verschiedene Gifte oder Bakterien ausgelöste massive Schädigung der Zellstruktur, die im Absterben der Zelle und der Ausschüttung der zellulären Bestandteile in den Organismus resultiert. Oftmals sind beide Formen beteiligt, wenn es zu einer pathologischen Schädigung von Geweben kommt. In welchem Verhältnis diese Formen auftreten, unterscheidet sich von Erkrankung zu Erkrankung.
Im Rahmen der Sepsis ist derzeit noch unklar, welche Form des Zelltodes überwiegt. Erste Ergebnisse unserer Gruppe deuten darauf hin, dass beide Prozesse im Rahmen einer Sepsis gleichermaßen stattfinden. Durch welche Mechanismen der Zelltod jeweils initiiert wird, ist bislang jedoch noch ungeklärt.

Omega-3-Fette:
Eine Vielzahl von Faktoren sind an einer inflammatorischen Reaktion des Immunsystems beteiligt. Zu den wohl bekanntesten gehören die Interleukine, Botenstoffe die von aktivierten Immunzellen ausgeschieden werden und der Kommunikation dienen. Weniger bekannt, aber von nicht geringerer Relevanz ist eine weitere Gruppe von Signalstoffen, die sogenannten Eicosanoide. Sie entstehen durch den enzymatischen Umbau vielfach ungesättigter Fettsäuren (PUFA). Die in menschlichen Zellen vorherrschenden Fettsäuren sind die n-6-PUFA’s, z.B. die Arachidonsäure. Neueste Forschungsergebnisse belegen, dass die aus der Verwendung von Arachidonsäure entstehenden Eicosanoide ein hohes proinflammatorisches Potential besitzen. Eine gezielte Umstellung der Ernährung von Versuchstieren auf n-3 ungesättigte Fettsäuren zeigte eine Veränderung des Fettgehalts zugunsten dieser Fettsäuren. Die bekanntesten Vertreter dieser Gruppe sind Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Diese werden ebenfalls in Eicosanoide umgewandelt, jedoch mit leicht abgewandelter Struktur. Die Folge ist eine teilweise deutlich reduzierte inflammatorische Reaktion der Zellen. Weitere Experimente konnten zeigen, dass nicht allein die Unterschiede in der Struktur der Eicosanoide, sondern auch die direkte Wirkung der n-3-PUFA’s auf Transkriptionfaktoren wie NF-κB die Dämpfung der inflammatorischen Reaktion bewirken. Grund hierfür ist die resultierende Abnahme in der Menge der gebildeten Interleukine, der verminderten Expression der Adhäsionsmoleküle und der verminderten Bildung von reaktiven Sauerstoffradikalen (ROS) durch neutrophile Granulozyten
Um diesen positiven Effekt an unsere Patienten weiterzugeben, wird auf unseren Intensivstationen eine n-3-optimierte parenterale Ernährung durchgeführt. Ziel der verbesserten Nahrung ist die prophylaktische Veränderung der intrazellulären Fettsäureveränderung, um die Gefahr entzündlicher Komplikationen wie Sepsis zu minimieren. Zeitgleich werden im Labor der Abteilung weitere Mechanismen erforscht, wie eine Produktion „guter“ Eicosanoide im Organismus stimuliert werden kann.

Methylglyoxal:
Methylglyoxal entsteht als Nebenprodukt vieler metabolischer Stoffwechselwege und kommt innerhalb der Zellen in gebundener oder freier Form vor. Unter physiologischen Bedingungen liegt über 90% des gesamten Methylglyoxal gebunden an Proteine oder Lipide vor. Resultat dieser Bindung ist die Generierung von Advanced Glycation Endproducts (AGE), Verbindungen aus Zuckern und Lipiden/Proteinen. Kommt es durch eine vermehrte Bildung von Methylglyoxal zu einem Anstieg der AGE’s, können zelluläre Signalkaskaden inflammatorische Prozesse auslösen oder verstärken. Dieser Mechanismus funktioniert über den membranständigen Rezeptor für AGE’s (Receptor of Advanced Glycation Endproducts). Dieser wirkt direkt auf den proinflammatorischen NF-kB-Signalweg, der die Expression entsprechender Gene aktiviert.
Neben der Entstehung körpereigener AGE’s ist auch eine Aufnahme von außen möglich. Erst kürzlich konnte unsere Gruppe zeigen, dass die Proteine hochosmolarer Infusionslösungen oftmals in ihrer modifizierten Form vorliegen. Im Tiermodell zeigten sich dabei signifikante Einflüsse auf die Aktivierung proinflammatorischer Siganlkaskaden und einer erhöhten Sterblichkeit nach experimenteller Sepsis. Ob Methylglyoxal auch eine Aussagekraft als prädiktiver Marker für das Outcome von septischen Patienten hat, bleibt abzuwarten.

Immunologischer Vergleich Urosepsis – Peritonitis:
Im Gegensatz zur Peritonitis, deren Ursache meist im Magen-Darm-Trakt zu finden ist, handelt es sich bei der Urosepsis um eine Entzündungsreaktion, die durch Bakterien des Urogenitaltrakts ausgelöst wird. Hauptursache ist meist eine Abflussstörung des Harns, der resultierende Rückstau ermöglicht den Übertritt von Toxin-bildenden Bakterien in die Blutbahn. Ein großer Unterschied besteht interessanterweise in der Lethalität der beiden Krankheitsbilder. Während Patienten mit Urosepsis infolge eines Harnrückstaus nach Ableitung des Harns meist schnell genesen, ist die Lethalität bei Patienten mit Peritonitis auch nach entsprechender chirurgischer Sanierung des entzündlichen Fokus sehr hoch.
Unsere Arbeitsgruppe versucht, mittels immunologischer und molekularbiologischer Methoden Unterschiede in der Immunantwort zu identifizieren. Ziel ist es, durch den Vergleich ein tieferes Verständnis der Pathogenese der Erkrankungen zu gewinnen und immunologische Schlüsselstellen zu identifizieren, die mögliche therapeutische Ziele darstellen. Dieses Projekt findet in Kooperation mit PD Dr. med F. M. E. Wagenlehner (Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Prof. Dr. W. Weidner) statt.

Neue Bakterien/Pilze:
Die effektive antiinfektive Behandlung stellt neben der chirurgischen Sanierung einen der Eckpfeiler des therapeutischen Managements von Patienten mit intraabdominellen Infektionen dar. Die initiale Wahl und der frühe Zeitpunkt der antimikrobiellen Therapie ist höchst entscheidend für den Ausgang einer komplizierten Peritonitis, da eine nicht adäquate antiinfektive Therapie zu verzögerter Heilung, längerem Krankenhausaufenthalt und zu einer höheren Letalität führt. Die abdominelle Infektion stellt sich in aller Regel als polymikrobielle Infektion dar. Beim Nachweis von Erregern aus intraabdominellen Proben mittels kultureller Methoden bleiben schwer anzüchtbare bzw. in geringem Maße in der Probe enthaltene Erreger oft nicht detektiert.

Ziel dieses Projektes ist: Durch den Einsatz molekular genetischer Methoden („metagenomic analysis“) sollen keimspezifische Proteine direkt in nativen Aszites- bzw. Abszessproben (kein Gewebe/Biopsie) aus intraoperativen Materialen nachgewiesen werden. Diese werden dann mit den Ergebnissen der konventionellen kulturellen Analytik verglichen. Dieses Projekt findet in der Kooperation mit dem Institut für Mikrobiologie (Prof. Dr. T. Chakraborty) statt.

Glucosemonitor:
Nach schweren Verletzungen, Operationen oder aber auch im Verlauf einer Sepsis kommt es im Verlauf oftmals, ohne vorher bestehende Beeinträchtigung des Insulin-produzierenden Systems, zu einem überhöhten Blutzuckerspiegel. Diese Entgleisungen sind mit einer höheren Sterblichkeit assoziiert. Studien konnten zeigen, dass eine Blutzucker-Überwachung und die medikamentöse Anpassung die Überlebensrate um bis zu 34 Prozent verbessert und Folgeschäden reduziert werden.
Eine engmaschige Kontrolle des Blutzuckerspiegels stellt einen hohen Mehraufwand für das pflegerische Personal da, welcher im Hinblick auf die wachsende Arbeitsbelastung nicht leistbar ist. Abhilfe schafft hier ein automatisiertes System, welches innerhalb eines Kooperationsprojektes mit Finanzierung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung entwickelt wird. Der Glucose-Monitor entnimmt dabei kontinuierlich über einen in der Vene des Patienten liegenden Katheter Blut und führt es einem Biosensor zu, der die Messung übernimmt. Durch eine angepasste Gabe von Insulin kann das medizinische Personal den Blutzuckerspiegel entsprechend anpassen.
Perspektivisch soll in das System ein Modul integriert werden, welches die medikamentöse Therapie selbstständig dem Messwert anpasst und somit sowohl eine Entlastung des medizinischen Personals als auch eine Optimierung der Versorgungsqualität für den Patienten darstellt.

Perioperative Flüssigkeitstherapie:
In den späten 90er Jahren führte der dänische Chirurg Henrik Kehlet ein umfassende Konzept für die perioperative Patientenversorgung im Bereich der kolorektalen Chirurgie ein. Ein wesentliches, wenn auch sehr kontrovers diskutiertes Element seines Konzeptes ist die interdisziplinäre Frage nach dem bestmöglichen Volumenmanagement für die Patienten. Diese Diskussion resultiert nicht zuletzt aus der Relevanz der Volumengabe in Bezug auf den Heilungserfolg. Ein Überschuss an zugeführtem Volumen kann die Funktion des Herzkreislaufsystems und der Lunge beeinträchtigen, was eine verminderte Gewebesauerstoffversorgung und eine schwere Beeinträchtigung der Wundheilung zur Folge hat. Umgekehrt führt eine zu geringe Flüssigkeitsversorgung jedoch zu Störungen der Mikrozirkulation, was wiederum in Gewebeschäden und Fehlfunktionen von Organen resultieren kann. Um einen Vergleich zwischen verschiedenen Behandlungsalgorithmen zu erhalten, führte unsere Gruppe im ersten Schritt eine Metaanalyse auf Basis publizierter Daten durch. Insgesamt wurden zwölf randomisierte Studien mit einer Gesamtpatientenzahl von 1107 in die Analyse eingeschlossen.
Die Auswertung der Daten zeigt, dass eine streng reglementierte Volumengabe die Morbidität im Vergleich zur Standardgabe signifikant vermindert. Eine vergleichende Analyse zwischen verschiedenen Zeitpunkten der Intervention zeigt außerdem, dass der positive Effekt nur erkennbar ist, wenn schon im Verlauf der Operation mit der restriktiven Volumengabe begonnen wird. Ergänzend dazu führt auch die Paramterorientierte Volumentherapie mit begleitender ösophagealer Doppler-Ultraschallmessung im Vergleich zur konventionellen Therapie unter Berücksichtigung hämodynamischer Parameter zu einer verminderten Morbidität. Keine signifikanten Unterschiede konnten wir bezüglich Mortalität und Versagen der Anastomosen zwischen den beiden Studiengruppen und den beiden Vergleichen feststellen.
Zusammengefasst zeigen unsere Ergebnisse, dass eine restriktive Volumengabe im Vergleich zur allgemeinen Lehrmeinung und eine Ultraschall-kontrollierte Therapie im Vergleich zur Volumengabe entlang konventioneller hämodynamischer Werte zu einer reduzierten Morbidität bei Patienten nach kolorektaler Resektion führt. Zum jetzigen Zeitpunkt kann jedoch aufgrund der geringen Anzahl an Studien, der geringen Anzahl an eingeschlossenen Patienten und dem teilweise Fehlen von Daten zu dem Heilungserfolg der Patienten, keine allgemeingültige Empfehlung bezüglich der Art des verabreichten Volumenersatzes getroffen werden.