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Mukoviszidose-Ambulanz für Erwachsene

Allgemeines

Die Mukoviszidose-Ambulanz für Erwachsene der Medizinischen Klinik II (Direktor: Prof. Dr. Werner Seeger) besteht seit Mitte der 1990-er Jahre. Aktuell werden hier 50-60 Patienten in einem interdisziplinären Team betreut, das neben ärztlichen und pflegerischen Mitarbeitern auch Physiotherapie, Ernährungstherapie und psychologische Betreuung umfasst. Die Ambulanz ist bei Mukoviszidose e.V., Bonn zusammen mit der Abteilung für Pädiatrische Pneumologie der Kinderklinik (OA Dr. L. Nährlich) seit mehreren Jahren als Mukoviszidose-Zentrum zertifiziert. Weiterhin nimmt sie an der jährlich bundesweit stattfindenden Mukoviszidose-Qualitätssicherung der Ärztekammer Niedersachsen teil. 

Ambulanz

Die Mukoviszidose-Ambulanz für Erwachsene befindet sich im UKGM-Hauptgebäude, Klinikstraße 33. Bei den in der Regel jedes Quartal erfolgenden ambulanten Vorstellungen werden neben Lungenfunktionsprüfungen auch mikrobiologische Untersuchungen des Sputums und Blutuntersuchungen durchgeführt. Nach körperlicher Untersuchung und ärztlichem Gespräch wird die Therapie bedarfsweise individuell angepasst.

In Zusammenarbeit mit einer Apotheke besteht die Möglichkeit zur ambulanten intravenösen Antibiose (= häusliche Infusionstherapie). Aufgrund der guten Kooperation mit anderen Bereichen der Klinik kann ein breites Spektrum medizinischer Leistungen angeboten werden (z.B. Fertilitäts-sprechstunde, genetische Diagnostik, Diabetes-Sprechstunde, gastroenterologische Diagnostik mit Gastro-und Coloskopie, Portimplantation, Bronchialarterien-Embolisation, Vorbereitung und Listung zur Lungentransplantation). Wir sind unseren Patienten auch bei der Erfüllung von Formalitäten behilflich (z.B. Reha-Antragsstellung, Dialog mit Sozialämtern und Krankenkassen).

Station

Bei akuten gesundheitlichen Problemen wie z.B. schweren Lungenentzündungen oder Bluthusten sind wir jederzeit, d.h. 24 Stunden, telefonisch erreichbar (Handy-Nummer: 0172/4461945). Im Bedarfsfall ist eine stationäre Aufnahme möglich. Hierzu stehen uns ggfs. auch Einzelzimmer zur Isolation oder Betten auf der intermediate care - und Intensivstation zur Verfügung.

Atemcenter

Das sich im Klinikum befindende Atemcenter ist für die Hilfsmittelversorgung unserer Patienten zuständig und kümmert sich auch um die Kostenübernahme (z.B. Inhalationstherapie, Sauerstoff-Langzeit-Therapie, nicht-invasive Beatmung).

Informationen zur Mukoviszidose

Die Mukoviszidose oder auch zystische (Pankreas-)fibrose (Englisch : cystic fibrosis, CF) ist mit 1: 2500 Geburten die häufigste angeborene Erkrankung der weißen Bevölkerung. In Deutschland leiden ca. 8000 Menschen an CF, davon sind ca. 50% älter als 18 Jahre.

Die CF wird autosomal-rezessiv vererbt, die Mutation betrifft den langen Arm des Chromosoms 7. Das hier befindliche cystic fibrosis transmembrane conductance regulator (CFTR)-Gen kodiert für einen Chlorid-Ionenkanal, der in der apikalen Zellmembran des Epithels von Drüsenzellen exprimiert wird. Es sind über 1500 Mutationen des CFTR-Gens bekannt, insgesamt werden 6 Mutationsklassen unterschieden. Am häufigsten ist die sogen. delta F508 Mutation, die in Deutschland bei ca. 70 % der Patienten zu finden ist.

Die Diagnostik bei klinischem Verdacht auf CF sollte als ersten Schritt die Durchführung eines Schweißtestes beinhalten. Als sicher pathologisch gilt eine NaCl-(Kochsalz) Konzentration > 60 mmol/l. Bei grenzwertigen Befunden (30-60 mmol/l) ist eine weiterführende genetische und evtl. auch elektrophysiologische (Potentialdifferenzmessung an der Nasenschleimhaut) Diagnostik zu empfehlen.

Die Mukoviszidose führt zur Bildung eines zähen und schlecht transportfähigen Schleims in Drüsenzellen-tragenden Organen, z.B. den Bronchien und der Bauchspeicheldrüse. Durch wiederholte Entzündungsvorgänge kann es zum fortschreitenden Gewebeuntergang und Funktionsverlust kommen. Dies findet klinisch seinen Ausdruck in der Entwicklung einer Multiorganerkrankung :

Bronchien / Lunge

  • Bronchiektasenbildung mit Schleimretention („mukoid impactions“)
  • sekundäre chronische Keimbesiedlung (initial Staph. aureus, Hämophilus influenzae, später Pseudomonas aeruginosa, Xanthomonas maltophilia, MRSA, Burkholderia cepacia)
  • allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA)
  • Bluthusten aus Bronchialarterien-Konvoluten
  • Pneumothorax

Nase / Nasennebenhöhlen

  • chronisch-rezidivierende Rhinosinusitis

Pankreas

  • exokrine Pankreasinsuffizienz : gestörte Verdauung mit Mangelernährung und Untergewicht
  • endokrine Pankreasinsuffizienz : Diabetes mellitus

Magen-Darmtrakt / Galle / Leber

  • Darmverstopfung durch Stuhlgang (distales intestinales Obstruktionssyndrom, DIOS)
  • Gallensteinbildung
  • bindegewebiger Umbau der Leber (biliäre Zirrhose)

Keimdrüsen

  • Verschlussazoospermie mit Unfruchtbarkeit bei Männern (Aplasie des Vas deferens)

Das klinische Spektrum der Mukoviszidose ist sehr vielgestaltig. So gibt es auch milde Verlaufs-formen oder Erkrankungsfälle ohne Lungen - oder Pankreas - Beteiligung, die unter Umständen erst im Erwachsenenalter diagnostiziert werden. Der wichtigste negative prognostische Faktor ist das Vorhandensein einer bronchopulmonalen Besiedlung mit Pseudomonas aeruginosa.

Etablierte Therapieformen bei Mukoviszidose sind :

Sport / Physiotherapie / Atemgymnastik

Ernährungstherapie

  • Einhaltung einer individuell angepaßten kalorienreichen Diät
  • Ersatz von Enzymen der Bauchspeicheldrüse
  • Ersatz fettlöslicher Vitamine (A, D, E, K)
  • Laxantien (Abführmittel) bei rezidivierendem DIOS
  • Insulintherapie bei Diabetes mellitus

medikamentöse Therapie

  • inhalative Antibiotika bei chronischer Pseudomonas-Besiedlung
    • Tobramycin-Feuchtinhalation
    • Tobramycin-Pulver
    • Colistin
    • Aztreonam
  • inhalative Mukolytika („Schleimlöser“)
    • rekombinante humane DNAse
    • hypertone Kochsalzlösung (NaCl 5,85%)
  • anti-entzündliche Substanzen
    • Makrolide wie z.B. Azithromycin

Die genannten Medikamente können den Abfall der Lungenfunktion bei CF „abbremsen“ und die Rate der Infektexazerbationen reduzieren. Zusätzlich werden meistens die Bronchien erweiternde Medikamente wie ß2-Mimetika und Anticholinergika, die aus der Asthma - bzw. COPD-Therapie bekannt sind, inhaliert. 

Bei einem milden / mäßig ausgeprägten Schub der chronischen Pseudomonas-Infektion kann zunächst die inhalative Antibiotika-Dosis verdoppelt werden. Gleichzeitig wird oft ein Gyrasehemmer peroral gegeben, z.B. Ciprofloxacin. Bei fehlender Ansprache oder schwerer Exazerbation wird eine i.v. Infusionsbehandlung durchgeführt, z.B. mit Ceftazidim, Piperacillin oder Imipenem / Meropenem in Kombination mit Tobramycin, Colistin oder einem Gyrasehemmer. Die Therapiedauer sollte ca. 14 Tage betragen. Die gleichen Medikamente kommen zum Einsatz bei Erstnachweis von Pseudomonas aeruginosa im Bronchialsekret bzw. Rachenabstrich. Eine Eradikation kann hierbei mit verschiedenen therapeutischen Regimes in bis zu 80 % der Fälle erreicht werden.

Auf eine dauerhafte Einnahme von Antibiotika bei chronischer Staphylokokkenbesiedlung sollte in der Regel verzichtet werden, da hierdurch eine Pseudomonas-Infektion begünstigt werden kann.

Der Einsatz von Cortison-Präparaten (in Tablettenform und inhalativ) wird bei Mukoviszidose nicht allgemein empfohlen. Ausnahmen sind Patienten mit gleichzeitigem Asthma oder allergischer bronchopulmonaler Aspergillose (ABPA). Bei letzterer Erkrankung werden meistens auch „Anti-Pilz“- Medikamente eingesetzt (z.B. Itraconazol, Voriconazol). In therapie-refraktären Fällen wird z.Zt. die Gabe von Anti-IgE-Antikörpern (Omalizumab) erprobt.

Bei stärkeren und / oder wiederholten endobronchialen Blutungen, die bronchoskopisch lokalisiert werden können, ist eine Bronchialarterien-Embolisation zu erwägen (Verschluß der blutenden Gefäße mit Metallspiralen im Rahmen einer Herzkatheter-Untersuchung).

Durch die genannten therapeutischen Maßnahmen hat sich die Lebenserwartung der Mukoviszidose-Patienten immer weiter verbessert. Sie beträgt aktuell im Mittel ca. 40 Jahre. Patienten, die sich im Endstadium ihrer Erkrankung befinden, sollten möglichst auf eine beidseitige Lungentransplantation vorbereitet werden. In der Wartezeit auf die Operation sind überbrückende Maßnahmen einzusetzen (z.B. Sauerstoff-Langzeit-Therapie, nicht-invasive Beatmung).

Für die Zukunft sind einige neue Therapieoptionen für CF-Patienten zu erwarten. Diese sind z.Zt. in der klinischen Erprobung in sogen. Phase II - und III - Studien, aber noch nicht auf dem Markt erhältlich :

  •  Antibiotika zur Inhalation
    • Colistin-Pulver
    • Ciprofloxacin-Pulver
    • liposomales Amikacin
  • Mukolytika zur Inhalation
    • Mannitol-Pulver
  • Medikamentöse Therapie mit Ansatzpunkt am epithelialen Ionentransport
    • Denufosol (P2Y2-Rezeptor-Agonist, aktiviert alternativen Chlorid-Kanal)
    • Moli 1901 (aktiviert alternativen Chlorid-Kanal)
    • PTC 124 (Klasse I-Mutationen)
    • VX-809 (Klasse II-Mutationen)
    • VX-770 (Klasse III-Mutationen)

Links

Kontakt

Mukoviszidoseambulanz für Erwachsene
Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH 
Medizinische Klinik und Poliklinik II 
Klinikstraße 33/Ebene 0 
35392 Gießen

Nutzen Sie zur Kontaktaufnahme eine der folgenden Möglichkeiten (bitte möglichst das automatische System)

  1. Tel.: 0641-985-57032 (Elektonischer Assistent/Bearbeitung 5 Werktage)
  2. Email: Pneumo.Ambulanz@innere.med.uni-giessen.de
  3. Fax: 0641/985-42599
  4. Allgemeine Telefonsprechstunde: 0641-985-57030, Werktags 13:00-15:00Uhr